Kagyü Schule
Als Begründer der Kagyü-Linie gilt Marpa, der im 11. Jh. die neue Tradition der Übersetzungen aus dem Sanskrit ins Tibetische weiterführte.
Begründer Marpa
Vor Marpa arbeiteten bereits die indischen Mahasiddhas Tilopa und Naropa an den kontemplativen und esoterischen Texten. Marpas Arbeit wurde von seinem Schüler Milarepa unterstützt und weitergeführt, dessen Schüler waren Rechungpa und Gampopa, die die Linie fortführten.
Die yogischen Traditionen und das Charisma der Meister strahlte große Anziehungskraft aus. Die Lehren der Sakya und Kagyü sollen nach Meinung der Tibeter für künftige Boddhisattvas bestimmt sein.
Die Kagyüpas entwickelten die Führung der religiösen Institutionen durch Tulkus (Reinkarnationen heiliger Lamas). Diese Führung wurde seitdem immer von Reinkarnationen heiliger Lamas übernommen. Die Übertragung von Herrschaft durch Erbfolge wurde daruch abgeschafft.
Das erste Kagyü-Kloster wurde 1150 von Gampopa gegründet.
Die Kagyü-Tradition ist in Bhutan heute Staatsreligion.
Schriften
Zu den Texten der Sarma-Tradition zählen die sechs Tantra-Schriften:
- Kalachakra-Tantra
- Vajrayogini-Tantra
- Yamantaka-Tantra
- Hevajra-Tantra
- Chakrasambhava-Tantra
- Guhyasamaja-Tantra
Auch das ältere Tantra des Vajrakilaya wird in dieser Tradition gesehen.
Schulen
Die Kagyü Tradition hat vier große Schulen und acht kleine Schulen, es gibt jedoch noch weitere kleinere Schulen.
Zu den vier großen Schulen gehören Barom-Kagyü, Phagdru-Kagyü, Karma-Kagyü und Tshelpa-Kagyü entsprechend der vier Hauptschüler Gampopas, die jeweils ihre eigenen Schulen gründeten.
Die acht kleinen Schulen wurden von Phagmo Drupa Dorje Gyelpo gegründet, einem weiteren Schüler Gampopas:
Drigung-, Drugpa-, Shugseb-, Throphu-, Taglung-, Marpa-, Yasamg- und Yelpa-Kagyü.
Lehre
Die Lehre des Mahamudra ist die Grundlage der Kagyü-Tradition.
Mahamudra – Sanskrit, phyag rgya chen po – tibetisch, wörtlich bedeutet es großes Siegel, entweder nach den Sutra- oder Tantra-Klassen der Lehren.
Laut der Sutra-Erklärung bezieht sich Mahamudra auf das Verständnis von Leere als alles umfassende Natur der Realität. Leere wird in diesem Zusammenhang als das große Siegel bezeichnet, nichts Außerirdisches sei da und alle physischen und mentalen Phänomene seien in ihrer letzten Natur leer, von inhärenter Existenz.
Gemäß der Erklärung der Tantras bezieht sich Mahamudra auf den Zustand der Buddhaschaft, die höchste Errungenschaft. Es wird Mudra genannt, weil die Verwirklichung der drei Kayas bei der Verwirklichung höchsten unveränderlichen Glücks versiegelt ist.
In Bezug auf diese Errungenschaft gibt es weder Zuwachs noch Abnahme und sie bleibt aufgrund ihrer zeitlichen Natur so lange bestehen, wie der Raum besteht. Das Mudra ist in der Regel groß (= sanskrit – maha), weil die drei Größen des Mahayana – Entsagung, Verwirklichung und geistige Kultivierung – voll ausgereift sind.
In Mahayoga entspricht Mahamudra dem großen Siegel des Buddha-Körpers, der das Bewusstsein des Allgrundes als die spiegelähnliche und unberührte Erkenntnis sichert.
Die Mahamudra-Praxis kann auch in Beziehung zum Weg und Ergebnis betrachtet werden. Als Weg umfasst es eine Abfolge systematischer fortgeschrittener Meditationen über Leere und reines Aussehen (siehe Dharmakaya). Diese meditative Herangehensweise gilt sowohl für einen ruhigen, als auch für einen durchdringenden Einblick, während er sich auf die Natur des eigenen Geistes der Meditierenden konzentriert. Diese Art der Vermittlung ist in den Kagyü- und auch in Gelup-Schulen des tibetischen Buddhismus beliebt.
Die vier bedeutenden Schulen des tibetischen Buddhismus gründen ihre Philosophie auf die drei Fahrzeuge des Buddhismus, die Schulen schließen sich gegenseitig nicht aus und haben die gleichen philosophischen Grundlagen.
Ikonographie
Buddhas die von der Linie der Kagyü-Buddhisten verehrt werden:
Avalokiteshvara, Chakrasambhava, Dorje Legpa, Gampopa, Grüne Tara, Hayagriva, Heruka, Hevajra, Jambhala, Kalachakra, Kurukulla, Mahakala, Manjushri, Marpa, Milarepa, Naropa, Padmasambhava – Guru Rinpoche, Saraswati, Shri Devi – Palden Lhamo, Vajra Yogini, Vajrakila, Vajrapani, Vajrasattva, Weiße Tara.
Quellennachweise
Dalai Lama & Laid, Thomas: Tibet – Die Geschichte eines Landes, FISCHER Taschenbuch, 2008
Dalai Lama: Zeiten des Friedens, Herder Verlag, 2000
David-Néel, Alexandra: Im Herzen des Himalaya, Edition Erdmann, 2015
David-Néel, Alexandra: Die geheimen Lehren des tibetischen Buddhismus, Herder Verlag, 2002
David-Néel, Alexandra: Ralopa. Der Meister geheimer Riten und andere unbekannte Texte., Janos Morzsinay Verlag, 1980
Essen, Gerd-Wolfgang: Die Götter des Himalaya: Buddhistische Kunst Tibets, Prestel-Verlag, 1989
Gruschke, Andreas: Die heiligen Stätten der Tibeter, Diederichs, 1997
Hügel, Villa: Tibet: Kloster Öffnen Ihre Schatzkammern, Hirmer Verlag, 2006
Kuby, Clemens & Olvedi, Ulli: Living Buddha. Die siebzehnte Wiedergeburt des Karmapa in Tibet, Goldmann, 1994
Lehmann, Peter-Hannes & Ullal, Jay: Tibet. Das stille Drama auf dem Dach der Erde., Gruhner + Jahr, 1981
Peyronnet, Marie-Madelaine: Alexandra David-Néel : mein Leben mit der Königin des Himalaya, Nymphenburger, 2003
Rhie, Marilyn M. & Thurman, Robert A. F.: Weisheit und Liebe. 1000 Jahre Kunst des tibetischen Buddhismus, DuMont Reiseverlag, 1996
Rinpoche, Sogyal: Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben, Knaur MensSana TB, 2010
Schuhmacher, Stephan: Das Tibetische Totenbuch, ARKANA Verlag, 2008
Schuhmacher, Stephan: Das Totenbuch der Tibeter, Diederichs, 2008
Schumann, Hans Wolfgang: Buddhistische Bilderwelt, Diederichs, 1998
Uebach, Helga: Tibet. Kunst des Buddhismus. Ausstellungskatalog. Haus der Kunst München 6. August bis 16. Oktober 1977., Haus der Kunst, 1977
Coleman, Graham: A Handbook of Tibetan Culture, Ebury Digital, 2016
Downman, Keith: The Divine Madman – The Sublime Life and Songs of Drukpa Kunley, CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014
Heruka, Tsangnyön: The Life of Marpa the Translator, SHAMBHALA, 2018
Majupuria, T.C & Kumar, Rohit: Gods & Goddesses. Know Nepal Series No. 10, M.D. Gupta, 1996
Pal, Pratapaditya: The Art of Tibet, Asia Society, 1969
Shakya, Min Bahadur: The Iconography of Nepalese Buddhism, Handicraft Assocation Of Nepal, 1994
Sir Monier-Williams, Monier: Sanskrit-English Dictionary, Manohar Publishers and Distributors, 2006